Ich selbst war gerade 21 Jahre alt, als ich mir meinen ersten Volvo zulegte. Es war ein 2001er Volvo V40 mit dem 1,8-Liter-Volvo-Vierzylinder mit 122 PS. Nicht der ebensostarke 1,8-Liter-Mitsubishimotor, den es zur Verwirrung aller V40-Interessenten in diesem Wagen auch gab. Damals war ich stolz wie Bolle, ein echtes Erwachsenenauto für einen erwachsenen Preis von 3.500 Euro plus noch einmal 1.500 für die LPG-Gasanlage. Ziemlich viel Schotter für einen Auszubildenden im 2. Lehrjahr. Aber er bot viel Platz, einen großern Kofferraum, guten Sound, geringen Verbrauch, alles stimmte.
Doch das war nicht mein erstes Auto. Als ich mit 19 endlich meinen Führerschein hatte, bestand mein Vater darauf, dass ich mir einen angemessenen Kleinwagen zulege, nicht etwa den von mir favorisierten Passat 35i Variant oder den Lada Samara, den es damals noch in größeren Mengen für wenig Geld gab. Also kauften wir einen blau-violetten VW Polo 6n, Baujahr 1996, für 1.300 Euro. Ein typisches erstes Auto. Er hatte knappe 200.000 km auf der Uhr, eine verschossene, veraltete Innenausstattung und pfiff beim Hochdrehen wie ein Asthmatiker. Der 1,0-Liter-Vierzylinder mit sage und schreibe 45 PS konnte auch niemanden wirklich beeindrucken, obwohl sich der Wagen durchaus mit 160 über die Piste bewegen ließ. Und von Berlin nach Amsterdam kam man damit, ohne zu tanken.
Aber die Entscheidung für einen günstigen, soliden, deutschen Kleinwagen sollte sich noch rächen. Bereits 6 Wochen nach dem Kauf versagte die Benzinpumpe, deren Tausch eine dreistellige Investition verlangte. Für einen Schüler der 13. Klasse, der nur sein Kindergeld zur Verfügung hatte, war das schon bitter. Zwei Wochen später platzte dann die Kurbelgehäuseentlüftung und hinterließ eine riesige Öllache auf dem Parkplatz des Pizza-Lieferdienstes, für den ich damals arbeitete. Und noch einmal anderthalb Monate Später streckte dann die Lichtmaschine alle Viere von sich. Der darauffolgende harte Winter mit Temperaturen von bis zu -20°C sorgte dafür, dass das Auto gar nicht mehr anspringen wollte. Den TÜV für den Polo konnte ich mir damals nur leisten, weil ich Freunde in einer Autowerkstatt hatte und diese mir einige gute Gebrauchtteile zuschusterten. Den Rest kaufte ich bei einem bekannten Billighändler im Internet. Als ich den Polo dann nach anderthalb Jahren beim Kauf des V40 in Zahlung gab, bekam ich gerade mal noch 300 Euro.
Dagegen war der kompakte Volvo eine echte Offenbarung: Modern, schnell, stark, zuverlässig (zumindest in der ersten Zeit) und günstig im Unterhalt. Aber eben kein typisches Jugendauto mehr.
Auf der Suche nach dem perfekten ersten Auto
Mein (Stief-)Sohn, 19 Jahre alt, macht gerade seinen Führerschein und wird wohl im Januar 2021 damit fertig. Da kommen natürlich Begehrlichkeiten nach einem eigenen Auto auf. Im Internet schaute er sich alte BMWs, Audis und Mercedes an. Autos, mit denen ich noch nie wirklich was zu tun hatte und deshalb ihm auch nichts zu deren Zuverlässigkeit, Schwachpunkten und eventuellen Problemen sagen konnte. Außerdem hatten meine Experimente mit einem BMW 523i (e39) vor einem Jahr nicht gerade gut geendet. Also fragte ich ihn, ob er sich denn eventuell auch einen Volvo vorstellen könne.
„Nee, Volvos sind für alte Leute. Die sehen doch langweilig aus“, war die Antwort. Ich also im Internet Bilder vom S60 der ersten Generation herausgesucht, der Limousinenversion unseres Familien-V70.
„Das ist ein Volvo? Hätte ich gar nicht gedacht!“, war die prompte Reaktion. Der S60 mit seiner schnittigen Linie, den markanten Schultern und der üppigen Innenausstattung, zu haben für verhältnismäßig wenig Geld, hatte es ihm gleich angetan. Aber eine Gasanlage sollte er möglichst haben, damit die Kosten nicht aus dem Ruder laufen. Also richtete ich einen Suchagenten ein für S60 bis 1.000 Euro mit Autogasanlage. Und mit dem unkaputtbaren Fünfzylinder-Saugbenziner mit 2,4 Litern Hubraum und je nach Ausführung 140 oder 170 PS. Ohne die Gasanlage gab es etliche Angebote für wenig Geld in verhältnismäßig gutem Zustand, doch bei sportlicher Fahrweise genehmigt sich dieser Motor schon gerne mal über 10 Liter auf 100 km, mit Automatikgetriebe sogar noch mehr.
Volvo S80 – Wer wagt, gewinnt
Da fiel mir ein, dass der S60 ja nicht die einzige Limousine auf der P2x-Plattform war. Da gab es ja noch die Luxuslimousine, angesiedelt oberhalb des großen Kombis V70. Jetzt kommen wir zum eigentlichen Star dieses Beitrags: dem Volvo S80. Genauer gesagt, zum wohl billigsten und am meisten vernachlässigten Volvo S80 in ganz Deutschland. Und das ist schon ein Kunststück, denn der Volvo S80 wird hierzulande ohnehin stark unterschätzt. Limousinen haben einen schlechten Stand und sind meistens zu Preisen deutlich unterhalb der zugehörigen Kombimodelle zu haben. Ich bezog den Volvo S80 also mit in den Suchagenten ein und prompt lieferte er mir ein Ergebnis.
In Köln stand ein Volvo S80 in Silber mit 140 PS, Gasanlage, Lederausstsattung, Automatikgetriebe und knapp 400.000 gelaufenen Kilometern für lächerliche 550 Euro. Der Verkäufer schrieb, dass er ein paar Probleme hatte: ein Leck im Druckschlauch der Servolenkung, Weihnachtsbaumbeleuchtung im Tacho und ein hart schaltendes Getriebe. Das waren für mich alles keine unlösbaren Probleme, die Elektronik von Volvos aus dieser Zeit ist bekannt für kalte Lötstellen, die alle möglichen Probleme verursachen; die Automatikgetriebe laufen nach einer Getriebespülung meist wieder wie am ersten Tag und ein neuer Servoschlauch sollte auch nicht die Welt kosten. Und wenn wir unsere eigene Batterie mitbringen würden, würde er noch einmal um 100 € im Preis runtergehen. Auch meinem Sohn gefiel der Wagen auf Anhieb, also schrieb ich den Verkäufer an und verabredete mich mit ihm für den kommenden Sonntag.
Gesagt, getan, reisten wir dann mit der Bahn in einer Kleinstadt bei Köln an. Als Bahnmitarbeiter stehen mir Freifahrten zu und für meinen Sohn konnte ich von einem sehr günstigen Mitarbeiterpreis profitieren, sodass sich die erste Investition in das Auto in Grenzen hielt. Wir hatten eine Batterie dabei und eine Tasche voller Werkzeug und Material, um den Servoschlauch notdürftig abzudichten.
Als wir dann den Volvo S80 in Person sahen, bekamen wir noch einmal einen kräftigen Schreck. Der Lack blätterte bereits von Kotflügel ab und im Innenraum hingen die Stoffbezüge der Verkleidungen lose herab. Aber bei näherem Hinsehen stellten wir dann doch fest, dass der Wagen keine größeren Probleme hatte. Der Motor startete ohne Murren und lief ruhig und sauber, die Gasanlage war gut eingestellt und bis auf eine Stelle am Radlauf hatte der Volvo auch keinen Rost. Selbst die Ledergarnitur war für die Laufleistung noch in erstaunlich gutem Zustand. Wir machten den Deal fest, brachten die roten Kennzeichen an und flickten die Servolenkung mit einem alten Fahrradschlauch und vielen Schlauchschellen. Nach einmal Volltanken und einem Big Tasty für jeden ging es dann auf die Autobahn Richtung Berlin.
Das Getriebe, am Anfang noch unwillig, gewöhnte sich langsam an meine Fahrweise und schaltete schon bald nahezu unspürbar. Die Fehlermeldungen im Tacho wechselten von „Bremsen – Sofort anhalten!“ zu „Emissionen – Wartung erforderlich“ und schließlich zu „Motorsystem – Wartung dringend!“. Ich schob sie auf die vermeintlichen kalten Lötstellen im Tacho und machte mir erstmal nichts weiter daraus. Unterwegs ging er dann noch ein paarmal in den Notlauf, was sich jedoch durch Ab- und Anklemmen der Batterie beseitigen ließ. Als wird dann gegen 01:00 morgens in Berlin ankamen, waren wir erschöpft, aber zufrieden. Wir hatten es geschafft. Der Volvo S80 stand auf dem Hof. Und wir waren sehr optimistisch.
Wie geht es jetzt weiter mit dem Volvo S80?
In den nächsten Beiträgen möchte ich dich daran teilhaben lassen, wie wir dem 21 Jahre alten Volvo S80 mit 11 Vorbesitzern neues Leben einhauchen. Ich möchte dir von unseren Fehlersuchen berichten und zeigen, wie du mit wenig Geld aus einer abgerockten Karre wieder ein edles Fahrzeug machst. Unser Ziel ist es, den Volvo S80 mit maximal 1000 Euro und unserer eigenen Arbeitskraft fit für den TÜV zu machen und soweit herzurichten, dass es Spaß macht, mit ihm zu fahren. Es wird sich zeigen, ob wir hier das Schnäppchen des Jahrhunderts gemacht oder doch eher ins Klo gegriffen haben…
Im hier verlinkten Beitrag findet ihr eine Aufstellung aller Probleme, die ich mit der Zeit vervollständigen und mit Links zu den einzelnen Berichten hinterlegen werde.
In diesem Sinne, lass dich von deinen Ideen leiten!
Justin