Lange habe ich nichts mehr von mir hören lassen, länger sogar als beim letzten Mal. Du hast dich sicherlich schon gefragt, ob ich den Blog aufgegeben habe. Hierauf die klare Antwort: Nein! Ich habe den Blog nicht aufgegeben und werde versuchen, in nächster Zeit wieder mehr Beiträge zu veröffentlichen. Zu den Gründen für mein langes Schweigen veröffentliche ich in den nächsten Tagen einen gesonderten Artikel.
Der Wohnwagen als Vorstufe zum Wohnbus
Mein eigentlicher Traum, und das schon seit Jahren, ist ein sogenannter Wohnbus, ein alter Reisebus, der selbst zum Wohnmobil umgebaut wird, dabei aber seine Busoptik behält. So ein Bus ist ein großartiges Projekt, bei dem man so gut wie alles verwirklichen kann, was man von einem Wohnmobil erwartet. Allerdings verschlingt ein solches Projekt Unmengen an Geld und, nicht weniger wichtig, an Zeit. Die großen russischen Sommerferien (3 Monate, in denen unser Sohn nicht zur Schule muss) rücken aber immer näher (Juni, Juli und August komplett) und wir wollen in diesen drei Monaten unsere neu gewonnene Ortsunabhängigkeit genießen und Europa erkunden.
Das könnten wir natürlich klassisch mit im Voraus gebuchten Unterkünften organisieren, die wir einfach mit dem Auto anfahren und dort übernachten. Dabei drängten sich allerdings einige Überlegungen auf. Erstens müssten wir unser Gepäck in jede Unterkunft beim Check-in hineintragen und beim Check-out wieder hinaus (bei einer mehrwöchigen Rundreise kommen da einige Unterkünfte zusammen) und zweitens würden klassische Unterkünfte bei einer so langen Reise schon spürbar ins Geld gehen. Ein Wohnbus ist in so kurzer Zeit nicht zu realisieren und wenn, dann nur ein fertiger zu astronomisch hohen Preisen. Also überlegten wir, was unser Budget eigentlich hergeben würde.
Die erste Idee war, ein Wohnmobil zu mieten, was aber preislich unter Einbeziehung der Stellplatzkosten auch nicht viel günstiger wäre, als klassische Unterkünfte. Dann wurde mir bewusst, dass ich über ein ziemlich gutes Zugfahrzeug verfüge. Mein Volvo V70 darf theoretisch 1,8 Tonnen ziehen und dank 2,4-l-5-Zylinder und Schaltgetriebe steht dem auch praktisch nichts im Wege. Also begann ich, den Gedanken an einen Wohnwagen zuzulassen. Die erste Idee war natürlich: mieten. Oder ausleihen. Mein Kumpel hat einen alten Wilk aus den 70ern, der allerdings ziemlich klein und auch schon spürbar abgewohnt ist. Mieten kam bei näherer Betrachtung auch nicht mehr in Frage. Also blieb Kaufen.
Zuerst suchte ich eher günstige Varianten und setzte mit ein Budget von 2000 €. Bald wurde mir aber bewusst, dass für diesen Preis nicht viel zu holen ist, was mir auch in einem einschlägigen Forum bestätigt wurde. Die Angebote zu diesem Preis stammten allesamt aus den 80ern und waren in reinrassigem Gelsenkirchnener Barock gestaltet. Außerdem waren die meisten Wohnwagen zu diesem Preis ziemlich abgewohnte Baustellen, an denen viel zu tun wäre. Ich war einigermaßen enttäuscht und drauf und dran, das Wohnwagen-Projekt zu begraben
Nach einigen Tagen der Suche bekam ich Hilfe aus einer unerwarteten Richtung: der Wohnbus-Szene. Ein Wohnbus-Liebhaber, der nebenher mit Wohnwagenn handelt, bekam Wind von meiner Suche und wendete sich an mich. Er handelt in erster Linie mit schwedischen Fabrikaten, was mir auf Anhieb sympathisch war (siehe meine PKW-Hausmarke). Er gab mir erstmal eine Einweisung zu den Vorteilen schwedischer Wohnwagen und überzeugte mich relativ schnell, dass das so ziemlich das Non-plus-Ultra ist. Im Vergleich mit den deutschen Herstellern, die ich mir bis dahin angesehen hatte (Hobby, Tabbert und co). Allerdings musste ich Schlucken, als er mir Preise nannte. Ein schwedischer Kabe mit Baujahr kurz nach der Jahrtausendwende sollte mein Budget bereits um das 5-fache übersteigen. Ich informierte mich weiter und verstand, dass schwedische Wohnwagen für die Nutzung im Winter optimiert sind. Sie verfügen über eine Wasserheizung (im Vergleich: deutsche Modelle haben meistens ein einfaches Heißluftgebläse), eine Fußbodenheizung und eine besser isolierte Außenhaut. Diese kommt dem Wohnwagen nicht nur im Winter zu gute, wenn es warm drin bleiben soll, sondern auch im Sommer, wenn die Nachtkühle tagsüber drinbleiben soll.
Von Kabe zu Cabby
Kabe ist unter den Schweden der größte Hersteller von Wohnwagen (Husvagnar). Allerdings waren die Exemplare, die mein Händler mir anbot entweder zu groß oder zu teuer. Zum Verständnis, ich habe bisher nur den gewöhnlichen Führerschein der Klasse B bis 3,5 t. Mein Volvo hat eine zul. Gesamtmasse von 2,1 t. Da bleiben für den Wohnwagen nach Adam Riese noch 1,4 t übrig, wohlgemerkt zul. Gesamtmasse. In dieser Gewichtsklasse hatte mein Händler noch einen ebenfalls schwedischen Cabby C55 auf Lager. Er steht dem Kabe in nichts nach, außer dass seine Fußbodenheizung nicht mit Heißwasser, sondern mit Strom arbeitet. Ansonsten sind beide Hersteller stark auf Autarkie und die Nutzung im Winter ausgerichtet. Und, im Gegensatz zu deutschen Fabrikaten, ist das Dach über die Wände gezogen, sodass Undichtigkeiten praktisch ausgeschlossen sind.
Nachdem der Händler uns Fotos zukommen ließ, verliebten wir uns sogleich in den Cabby, da er sowohl von der Größe, als auch vom Design her ziemlich genau dem entsprach, was wir wollten. Also vereinbarte ich einen Termin ende März und wir fuhren von Moskau über Berlin nach Aachen. Was wir sahen, gefiel uns auf Anhieb sehr gut und der Wagen machte auch einen sehr gepflegten Eindruck. Wir bekamen alle Funktionen vorgeführt und wahren sehr zufrieden. Lediglich 3 Probleme stellten wir fest, die Dachluke war beschädigt, die Fußbodenheizung heizte nicht und der Mover (eigenständiger elektrischer Antrieb) funktionierte nicht. Die beiden letzteren Probleme beseitigte der Verkäufer jedoch aufs warten und für die Dachluke ging er mit dem Preis herunter. Ansonsten stand der Wohnwagen ideal da, auf neuen Reifen, einer neuen Batterie, neuem TÜV und einer auf deutsche Standards umgebauten Gasanlage.
Also verließen wir am frühen Abend um 8800 € ärmer und um einen Wohnwagen reicher Aachen mit Tempo 100 in Richtung Berlin. Ich war angenehm überrascht, wie gut mein Volvo mit der zusätzlichen Last klarkam, lediglich für Steigungen scheint mit mein Motor jedoch etwas unterdimensioniert. Alles in allem war ich jedoch zufrieden mit der Fahrt, auch der Verbrauch lag im Rahmen: Bei Tempo 80 schluckte mein Volvo 11,5 l E10 auf 100 km, bei Tempo 100 waren es immerhin 14 l. Aber bei unserer großen Urlaubsfahrt werden wir sowieso keine Kilometer auf der Autobahn schrubben, sondern lieber auf unseren kurzen Fahretappen die schöne Landschaft rund um die europäischen Landstraßen genießen.
Fazit zur Anschaffung
Wohnwagen von Cabby oder Kabe gelten in der deutschen Wohnwagen-Szene als absolute Luxusklasse, und ich kann dem nur beipflichten. Der Wagen macht insgesamt auch nach 15 Jahren einen sehr edlen Eindruck. Das Interieur ist zeitlos gestaltet und wird auch in 10 Jahren noch nicht altbacken aussehen. Technisch hat er einiges zu bieten: Wasserheizung mit angeschlossenem Boiler und Thermostat, eigene Autarkbatterie, die die Beleuchtung, den Mover (elektrischer Zusatzantrieb, um den Anhänger ohne Auto zu rangieren) und die Umwälzpumpe der Heizung betreibt, die Möglichkeit, diese Batterie während der Fahrt über das Zugfahrzeug zu laden und gleichzeitig den Kühlschrank während der Fahrt zu betreiben, vorinstallierte Lautsprecher über der Sitzgruppe und ein DIN-Radioschacht, wo mein Bluetooth-fähiges JVC aus dem alten Volvo vorübergehend reinkommt und ein vollwertiges Bad. Besonders gut gefällt mir der Wagen wegen seines zeitlosen Designs und seiner Individualität.
Auch wenn der Preis meine Erwartungen doch deutlich übertraf, so tut dies der Wohnwagen selbst auch. Ursprünglich war ich davon ausgegangen, dass ich eine Grotte kaufe und irgendwie halbherzig renoviere, aber das war im Endeffekt garnicht nötig. Ich bin der Meinung, dass es richtig war, etwas mehr in die Hand zu nehmen und dafür einen guten Wohnwagen zu bekommen, der uns noch lange Zeit begleiten kann.
Die Kehrseite der Medaille?
Wie ich bereits Eingangs erwähnte, genießen Wohnwagen ja einen besonderen Ruf. Bin ich jetzt spießig, weil ich einen gekauft habe? Bin ich spießig, wenn ich damit auf einem Campingplatz stehe? Die Antwort für mich lautet ganz klar: Nein! Ich wollte das so und ein Wohnwagen ist für die Art, wie wir reisen wollen, ideal! So kann ich die Hütte auf dem Campingplatz lassen und mit dem Volvo in der Gegend rumfahren. Was mich bei unserem Sommerurlaub im letzten Jahr am meisten genervt hat, war, dass wir in einem Hotel irgendwo in der Pampa festsaßen und von dort erst mühsam bei 35°C 1,5 km zur Bushaltestelle laufen mussten. Mich hat es gestört, dass alles von vornherein organisiert war mit Flughafentransfer und Ausflügen, jeden Tag das selbe Frühstücksbuffet, bei dem man viel mehr frisst, als eigentlich nötig, einfach weil es so eine große Auswahl gibt. Jeden Tag derselbe Pool, abends dieselben Besoffenen. Kurz: Mit hat die Freiheit gefehlt, einfach weiterzureisen und etwas anderes zu sehen, oder einfach mal einen Tag mit dem Auto irgendwohin zu fahren, wo es schön ist.
Auf jeden Fall halte ich dich weiter auf dem Laufenden! Ich werde hier über die Routenplanung berichten, Einen Testbericht zu dem Cabby C55 verfassen und natürlich die Reise im Sommer ausführlich dokumentieren.
Hast du auch schonmal mit dem Gedanken gespielt, einen Wohnwagen zu kaufen oder bist du sogar selbst Wohnwagen-Camper? Ich würde mich auf jeden Fall über einen Kommentar von dir freuen!
In diesem Sinne: Lass dich von deinen Ideen leiten!
Justin
Ich habe erfreut gelesen, dass es wohl doch auch gebrauchte Wohnwagen von Cabby gibt… Neu sind die zwar absolut ein Traum – preislich aber weit über meinen Vorstellungen. Gibt es den Händler noch? Wenn ja würde ich mich sehr über ’nen Tipp freuen…
Hallo Katja, es freut mich auch, dass es außer mir noch andere Verrückte gibt, die sich für schwedische Wohnwagen interessieren. Ich hab dir eine Mail geschrieben zum Thema Händler.
Gruß, Justin
Hallo Justin,
ja, veröffentliche doch bitte mal den Händler.
Bei Ganzjahresnutzung scheint ja nix anderes Spaß zu machen als die Schweden 🙂
vielen Dank und viele Grüße
Nadja
Hallo Nadja, da hast du recht! Es gibt zwar auch „Winter-Wohnwagen“ von deutschen Herstellern, die sind darauf aber nicht so spezialisiert und haben eben auch nicht so durchdachte Lösungen wie die Schweden. Ich habe dir den Kontakt zu dem Händler per Email zugeschickt!
Gruß aus Moskau, Justin
Hi Justin, danke für den Bericht! Kannst Du mir bitte auch den Händler Kontakt senden?
Hallo Holger! Danke für deinen Kommentar!
Den Kontakt des Händlers lasse ich dir per Email zukommen.
Grüße aus Moskau!
Hallo Justin,
es freut mich sehr für dich, dass es mit dem „Schwedenmobil“ so gut geklappt hat.
Ich bin selber seit ca. 3 Monaten auf der Suche nach einem WW und nach viel Recherche bei den Schweden gelandet. Könntest du mir bitte auch den Händlerkontakt zukommen lassen?
Liebe Grüße Ingo
Hallo Justin,
nette Geschichte, wie selber sind auch nicht „Normal“, haben dertzeit ein Frankia WW mit 570 Aufbau etc. Berufsbedingt fallen unsere Urlaube vermehrt in den Winter, suchen derzeit einen Schweden.
Hättest du noch Kontakte? Danke und guten Rutsch ins neue Jahr. MFG
Hallo Justin,
Bin gerade auf diese Seite gestoßen. Genau mein Thema und würde mich auch freuen über die Adresse des Händlers. Wir waren mit dem Wohnwagen unserer Tochter zweimal im Urlaub und genau wie du es beschrieben hast, Freiheit pur !!!
Ich würde mich auch freuen mehr zu lesen. Besten Dank im Voraus.
Liebe Grüße Hannelore
Hallo Justin,
vielen Dank für Deinen Bericht – ich interessiere mich ebenfalls für einen Cabby Wohnwagen und bin so über Deinen Bericht gestolpert.
Würde mich freuen demnächst ein Update zu lesen!
Gruß Alex